Presseinformation: Kurzstudie zur Analyse der Standortfaktoren für den Betrieb von Elektrolyseuren mit Offshore-Windenergie

Presseinformation

Berlin/Hannover, den 04.05.2023

Energieminister Christian Meyer: „Niedersachsens Küstenregion idealer Standort für grünen Wasserstoff aus Offshore-Windkraft“

Studie plädiert für gesamtökonomische Bewertung der Standortwahl von Elektrolyseuren und sieht hohes Potenzial in küstennaher Elektrolyse (‚coastal electrolysis‘)

Am heutigen Donnerstag (04.05.2023) hat die Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE eine durch die Deutsche WindGuard durchgeführte Kurzstudie zur Analyse der Standortfaktoren für den Betrieb von Elektrolyseuren mit Offshore-Windenergie sowie eine politische Synthese nebst Handlungsempfehlungen veröffentlicht. Beides entstand im Rahmen des durch das niedersächsische Energie- und Umweltministerium geförderten Projektes „Grüner Wasserstoff aus Offshore-Windenergie“. Ziel war es einen ganzheitlichen Blick auf die komplexen Faktoren zu werfen, die für die Standortwahl von Elektrolyseuren als zentrale Schnittstellen einer entstehenden Wasserstoff-Wirtschaft von Bedeutung sind. Dazu zählen neben dem Wasserstoff als Hauptprodukt auch die Nutzbarkeit der Nebenprodukte Abwärme und Sauerstoff, die Wasser- und Flächenverfügbarkeit, die Netzdienlichkeit, die Anlagen-Erreichbarkeit, die Nähe zu Direktabnehmern (Endnutzern oder Speichern) sowie die (Offshore-)Transportinfrastruktur. Die Windenergie auf See stellt dabei aufgrund ihrer im Vergleich zu anderen erneuerbaren Quellen geringeren Volatilität eine besonders attraktive Kombinationspartnerin für Elektrolyseure dar. Zudem werden durch das ambitionierte Offshore-Ausbauziel von 70 GW bis 2045 zukünftig große Mengen „grüner Meeresstrom“ zur Verfügung stehen, die sowohl für die direkte Elektrifizierung von Industrie und Wirtschaft wie auch für die Wasserstoffproduktion eingesetzt werden kann. Der produzierte Wasserstoff ist dabei nicht nur als Energiespeicherform interessant, sondern bietet als „Sektorenkopplungsgelenk“ diverse Einsatzfelder, deren Potenziale gerade erst offenbar werden.

„Klimaschutz erfordert die zügige Transformation unseres Energiesystems. Der Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft auf Basis Erneuerbarer Energien spielt hier eine Schlüsselrolle.  Dabei stehen wir vor technischen, technologischen oder regulatorischen Herausforderungen. Auch hier gilt es, den Turbo anzuwerfen und schnell die nötigen Elektrolyseure dort zu bauen, wo es sinnvoll ist, sprich da wo ihr Einsatz netzdienlich ist und wo Wasser und Strom aus Erneuerbaren ausreichend zur Verfügung stehen – wie es bei uns an der Küste der Fall ist. Niedersachsen bietet sich als Windenergieland Nr. 1 besonders an. Eine kluge, ganzheitlich-gedachte Standortwahl für Elektrolyseure als Herzstücke des zukünftigen Energiesystems muss daher von Beginn an Entscheidungsmaxime sein“, ist Energieminister Meyer überzeugt von der Botschaft, die von den Studienergebnissen und der politischen Synthese ausgeht.

Ressourceneffizienz als Leitmotiv: Abwärme, Sauerstoff, Wasserverfügbarkeit

„Durch die Standortwahl für die (ersten) großen Elektrolyseure werden bereits früh wichtige Pfadabhängigkeiten für die Entwicklung des Gesamtenergiesystems geschaffen, die eine gesamtökonomische Betrachtung umso wichtiger machen. Für diese stellt Ressourceneffizienz ein wichtiges Leitmotiv dar, die eine ehrliche Bewertung der Nutzbarkeit der Nebenprodukte Abwärme und Sauerstoff sowie der Wasserverfügbarkeit beinhalten muss“, sagte dazu Stiftungsgeschäftsführerin Karina Würtz und ergänzte: „Eine gesamtökonomische Betrachtung der Standortwahl von Elektrolyseuren zum Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft sollte unmittelbar in der Strategieentwicklung auf Regierungsebene verankert werden. Dazu bieten zum jetzigen Zeitpunkt insbesondere die Fortschreibungen der Nationalen Wasserstoffstrategie sowie der Norddeutschen Wasserstoffstrategie Möglichkeiten. Die bekannten Überlegungen zur Nationalen Wasserstoffstrategie zeigen hier eine Weiterentwicklung zur ersten Strategie (bspw. beim Thema Abwärme), sollten jedoch weitergehen (bspw. bei den Themen Wasserbedarf und Sauerstoff) in der Schaffung einer umfassenden Klammer."

Je nach dem Wirkungsgrad, sprich der energetischen Effizienz der Elektrolyse, fallen im Herstellungsprozess um die 30 % der eingesetzten Energie als Abwärme im Niedrigtemperaturbereich an, die in Fernwärmenetze eingespeist werden könnte. Bei der Elektrolyse auf Basis einer Windenergieleistung in Höhe von 1 GW fallen zudem jährlich ca. 627.000 m³ Sauerstoff an, was rund 10 % der deutschlandweiten Jahresproduktion und einem momentanen Gegenwert für technischen Sauerstoff in dreistelliger Millionenhöhe entspräche. Der Sauerstoff kommt heute in unterschiedlichen Reinheitsgraden in Industrie und Medizin zum Einsatz. Sogenannte Oxy-Fuel-Prozesse könnten ein weiteres Anwendungsfeld darstellen.

„Beide Nebenprodukte bieten interessante Optionen zur Vermarktung und können einen zusätzlichen Beitrag zur Wertschöpfungsgenerierung leisten. Insbesondere dem möglichen ökonomischen Wert des Sauerstoffs sollte noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden“, zeigt sich Würtz überzeugt. Minister Meyer ergänzt: „Als bevölkerungsstarkes Bundesland mit starken Industriezentren hat Niedersachsen ein hohes Interesse an einer maximal effizienten und klugen Nutzung seiner Ressourcen. Sowohl Abwärme als auch Sauerstoff bieten einen hohen wirtschaftlichen Wert, den wir nicht ungenutzt lassen wollen.“

Zudem dürfte die Wasserverfügbarkeit perspektivisch von enormer Wichtigkeit für eine kluge Standortwahl sein. Zwar kommt die vorliegende Studie zu dem Ergebnis, dass noch kein flächendeckender Notstand für Deutschland bei der Niederschlags- und Grundwasserverfügbarkeit besteht, doch gestaltet sich dies regional und lokal unterschiedlich und teils bereits in absehbarer Zukunft durchaus dringlich. Ein deutliches Anzeichen für zukünftige Wasserverteilungskonflikte sind entsprechende Gerichtsverfahren, welche seit Jahren in Deutschland kontinuierlich zunehmen. Hier ist es überraschend, dass (Grund-)Wasserprognosedaten für längere Zeiträume für Deutschland nicht flächendeckend vorliegen, was für eine gesamtheitliche, nationale Standortbewertung (onshore) jedoch hochgradig relevant wäre. Der Einsatz von Meerwasser bei der Elektrolyse könnte diese Konflikte umgehen und sowohl offshore wie küstennah genutzt werden. „Die Meerwasserentsalzung und die Wasseraufbereitung sind jahrzentelang erprobte Verfahren. Hierfür kann beispielsweise auch die Abwärme aus dem Elektrolyseprozeß sinnvoll verwendet werden“, berichtet Dr. Dennis Kruse, Geschäftsführer der Deutsche WindGuard GmbH. 

Hohe Standortstärken der Küstenländer für eine Wasserstoffwirtschaft mit Offshore-Strom als zentralem Element: Küstennahe Elektrolyse mit hohem Potenzial

In Kombination mit der Offshore-Windenergie ergibt sich bei der Analyse der komplexen Faktoren auch der Standort der Elektrolyseure, der offshore, an Land oder küstennah („coastal“) liegen kann, mit jeweils spezifischen Stärken und Schwächen, die es miteinander und untereinander abzuwägen gilt.

Bei Berücksichtigung aller Faktoren erscheint insbesondere die küstennahe Elektrolyse als eine hochinteressante, bisher nicht ausreichend diskutierte Variante – mit entsprechenden Standortvorteilen für die Küstenländer. Hier kann Niedersachsen zusätzlich zu seinem Meerwasserzugang und als Haupt-Anlanderegion für Offshore-Strom auch durch seine Vielzahl an Kavernenspeichern noch eine besondere Stellung als Speicherstandort für Wasserstoff und dessen industrielle Weiterverarbeitung einnehmen. „Die Stärke Niedersachsens liegt in seiner geografischen und demografischen Vielschichtigkeit“, so Minister, „gerade die Küstenregionen bieten enorme Potenziale, die wir noch stärker in den Fokus nehmen wollen.“  

Netzdienlichkeit als zentraler Faktor

Elektrolyseure könnten im Energiesystem der Zukunft zudem verschiedene Systemdienlichkeitsfunktionen erfüllen, wie auch die beginnenden Diskussionen zur Reform des Marktdesigns zeigen: als Sektorkopplungsknotenpunkt, zur Ermöglichung von Energiespeicherung, zur Nutzung von Überschuss- und Abregelungsstrom. Insbesondere die Abregelung von Offshore-Strom wird noch bis in die 2030er zu hohen ökonomischen Verlusten führen, der durch den Betrieb von Elektrolyseuren ggf. mitigiert werden könnte.

„Allerdings gibt es noch deutliche Fragezeichen im Hinblick auf die Rentabilität des Elektrolyseurbetriebs ausschließlich für Zwecke der Netzdienlichkeit im engeren Sinne, wenn diese ausschließlich über die Abnahme von Überschussstrom erreicht werden soll“, zeigt sich Würtz skeptisch. „Es bedarf zügig einer allgemeingültigen Definition von Netzsystemdienlichkeit, die die Wirtschaftlichkeit des Betriebs ermöglicht und eine Strategie für eine integrierte Gas- und Strominfrastruktur mit dem Ziel eines Klimaneutralitätsnetzes mitdenkt.“

 

Die Studie ist auf der Internet-Seite der Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE hier abrufbar.

Die politische Synthese nebst Handlungsempfehlungen der Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE ist hier abrufbar.

Die Kurzversion der politischen Synthese nebst Handlungsempfehlungen der Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE ist hier abrufbar.

 

Pressekontakte

Matthias Eichler                                                                             
Stellvertretender Pressesprecher                                                      
Niedersächsisches Ministerium für Umwelt,                                    
Energie und Klimaschutz
Tel.: +49 511 1203426                                                                  
matthias.eichler@mu.niedersachsen.de                                           

Svenja Schneeweiß 
Pressereferentin
Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE
Tel.: +49 152 29410489
s.schneeweiss@offshore-stiftung.de

 

Über die Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE

Die Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE wurde 2005 zur Förderung des Umwelt- und Klimaschutzes durch eine verbesserte Erforschung und Entwicklung der Windenergie auf See gegründet. Sie hat sich als ein überparteilicher und überregionaler Thinktank zur Entwicklung der OFFSHORE-WINDENERGIE in Deutschland und Europa etabliert. Die Stiftung ist Kommunikationsplattform, dient dem Wissensaustausch und versteht sich als Ideengeber und Multiplikator. Als gemeinnützige Organisation an der Schnittstelle zwischen verschiedenen Sektoren analysiert und bereitet sie Informationen aus einer ganzheitlichen und gesamtökonomischen Perspektive auf. Darauf basierend unterstützt sie beratend Akteure aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Darüber hinaus erfüllt die Stiftung einen Bildungsauftrag gegenüber der Zivilgesellschaft. Im Stiftungskuratorium sind sowohl wichtige Bundes- und Landministerien für den Offshore-Wind-Bereich wie auch Betreiber, Hersteller, Übertragungsnetzbetreiber, Zulieferer, Zertifizierer, Banken und Versicherungen vertreten.

Über die Deutsche WindGuard GmbH

Die Deutsche WindGuard bietet weltweit Investoren und Planern, Herstellern sowie Entscheidungsträgern aus Politik und Gesellschaft umfangreiche und unabhängige Expertise zu allen Facetten der Windenergie. Mit rund 200 Experten im Hauptquartier in Varel sowie an Standorten in Bremerhaven, Elsfleth, Norden, Gelnhausen, Rostock und Berlin sowie in den USA, Indien und China bietet die Deutsche WindGuard als mittelständisches, inhabergeführtes Unternehmen über 50 Dienstleistungen im Bereich der Windenergie. Die außergewöhnlichen Synergien zwischen den Fachabteilungen kombiniert mit dem weltweiten Aktionsfeld ermöglichen WindGuard einen einzigartigen Marktüberblick.

Hintergrund zum Projekt

Das Umwelt- und Energieministerium des Landes Niedersachsen fördert das Projekt „Grüner Wasserstoff mit Offshore-Windenergie“. Ziel des Projektes ist es, einen breit angelegten Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen allen Akteuren entlang der Wertschöpfungskette Offshore-Wind und Wasserstoff zu befördern. Zudem sollen Offshore-Wind und Grüner Wasserstoff aus einer ganzheitlichen, gesamtökonomischen Perspektive betrachtet werden auf deren Basis Empfehlungen und Handlungsempfehlungen abgeleitet werden können. Eingebunden werden zu diesem Zweck ein breites Akteursfeld aus Politik, Industrie und Forschung. Weitere Informationen zum Projekt finden Sie auf der Website der Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE.

 

Ansprechpartner für das Projekt ist:

Andreas Mummert
Leiter Politik
Mobil: +49 152 09044836
a.mummert@offshore-stiftung.de

 

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