Pressestatement: Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE teilt Kernforderungen des Bundesrates zu Nachbesserungen am Windenergie-auf-See-Gesetz

Berlin/Hamburg, den 20. Mai 2022

„Wir begrüßen und unterstützen die gemeinsamen Empfehlungen der vier wichtigen Bundesratsausschüsse zu Nachbesserungen am Entwurf des Windenergie-auf-See-Gesetzes in hohem Maße. Die Gesetznovelle bietet in der jetzigen Ausgestaltung einiges an Licht, an zentralen Stellen aber leider auch noch viel Schatten. Es drohen industriepolitische Fehlanreize und die Verteuerung des Offshore-Stroms durch Fehler im Ausschreibungsdesign.

Insbesondere bei Beibehaltung der qualitativen Kriterien für nicht zentral voruntersuchte Flächen bleiben zudem große industrie-, klima-, umwelt- und innovationspolitische Steuerungsmöglichkeiten ungenutzt. Die Länder machen hier Vorschläge, die wir teilen und ebenso im parlamentarischen Verfahren vertreten. Die vorgeschlagenen Kriterien müssen dringend überarbeitet werden.

Ein Kriterium zur Berücksichtigung des C02-Fußabdruckes fehlt ebenso wie zur systemdienlichen Verwendung des Stroms. Der Entwurf erscheint hier mutlos und getrieben durch eine Scheu vor beihilferechtlichen Debatten mit der EU.

Die Niederlande machen uns vor, was hier möglich sein könnte. Wir würden hierzu einen Stakeholderdialog sehr begrüßen.

Am Beispiel der Ausschreibung für das Gebiet Hollandse Kuist West zeigt sich, welche Bedeutung dort Kriterien wie der Netzdienlichkeit beigemessen und für umsetzbar gehalten wird. Dort werden signifikante Innovationen im Bereich der Sektorenkopplung mit Elektrolyse losgetreten. Dies ist im bisherigen Referentenentwurf des WindSeeG nicht vorgesehen.

Ein CO2-Fußabdruck-Kriterium stärkt zudem die europäische Wertschöpfung und ist klima- und umweltpolitisch absolut sinnvoll. 17.000 Tonnen schwere Konverterplattformen auf Dauer in Indonesien schweißen zu lassen, sollte jedenfalls nicht unsere Strategie sein. 

Ausdrücklich begrüßen wir auch die Betonung der Bedeutung einer Offshore-Testfeldinfrastruktur und die Forderung nach Einführung einer Definition des Testfeldbegriffes im Entschließungsantrag. Nur so kann dem hohen Innovationspotenzial der Offshore-Windenergiebranche Rechnung getragen werden.

Beim Ausbau der Erneuerbaren Energien nimmt die Offshore-Windenergie eine entscheidende Rolle ein. Die Novelle des Windenergie-auf-See-Gesetzes ist das Schlüsselelement, um die Voraussetzungen für eine unabhängige und klimaneutrale Energieversorgung Deutschlands durch den Ausbau der Windkraft auf See zu schaffen. Die zielgerichtete Umsetzung unter Berücksichtigung der Steuerungseffekte der Ausschreibungsmodelle ist industrie- und klimapolitisch von zentraler Bedeutung. Wir hoffen, dass die heutigen Beschlüsse des Bundesrates dazu beitragen werden, diesen Weg in eine energie- und industriepolitisch sinnvolle Richtung zu ebnen. Wir dürfen diese Chance nicht vertun!“

Karina Würtz

(Geschäftsführerin der Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE)

 

Hintergrund

Am 6. April hat das Bundeskabinett die Novelle des Windenergie-auf-See-Gesetzes (WindSeeG) als Teil des „Osterpaketes“ der Bundesregierung verabschiedet. Das Gesetzesvorhaben befindet sich bis Ende Juni im parlamentarischen Verfahren. Am 12. Mai fand die 1. Lesung im Bundestag statt. Vergangenen Montag hat sich der Energieausschuss im Bundestag mit einer Sachverständigenanhörung dem Osterpaket gewidmet.

Am heutigen Freitag beschäftigt sich der Bundesrat als Punkt 20 seiner Tagesordnung mit der Offshore-Gesetzesnovelle. Dazu liegt dem Plenum eine gemeinsame Empfehlung zur Stellungnahme an die Bundesregierung durch den federführenden Wirtschaftsausschuss (Wi), den Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS), den Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV) und den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (U) vor. Den Entschließungsantrag finden Sie hier. Die Sitzung läuft ab 9:30 Uhr.

Das WindSeeG setzt seit 2017 den Rechtsrahmen für den Ausbau der Offshore-Windenergie in Deutschland. Hier werden unter anderem die politisch anvisierten Ausbauziele (laut Ampel-Koalitionsvertrag von November 2021: 30 GW bis 2030, 40 GW bis 2040, 70 GW bis 2045) gesetzlich verankert, der Ausschreibungs- und Vergütungsrahmen für neue Projekte festgelegt sowie das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) zur Erstellung des Flächenentwicklungsplan für den konkreten Inbetriebnahmepfad von Offshore-Windparks und Offshore-Netzanbindungen ermächtigt.

In der vorliegenden Gesetzesnovelle schlägt das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Einführung eines zweigeteilten Ausschreibungsdesigns vor. Nicht zentral durch die Behörden voruntersuchte Flächen sollen keine staatliche Vergütung erhalten, sondern sich über eine sonstige Direktvermarktung refinanzieren. Zur Ermittlung des erfolgreichen Gebotes sollen 5 qualitative Kriterien in einem Punktesystem festgelegt werden. Zentral voruntersuchte Flächen sollen in Verbindung mit 20-Jahres-Differenzverträgen auktioniert werden. Es sollen Gebotshöchstwerte (5,2 – 5,6 Cent pro Kilowattstunde) festgelegt werden. Ein Wechsel in die sonstige Direktvermarktung soll ausgeschlossen sein.

 

Über die Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE

Die Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE wurde 2005 zur Förderung des Umwelt- und Klimaschutzes durch eine verbesserte Erforschung und Entwicklung der Windenergie auf See gegründet. Sie hat sich als eine überparteiliche, überregionale und unabhängige Einrichtung zur Unterstützung der OFFSHORE-WINDENERGIE in Deutschland und Europa etabliert. Die Stiftung ist Kommunikationsplattform für Akteure aus Politik, Wirtschaft und Forschung, dient dem Wissensaustausch und versteht sich als Ideengeber. Gleichzeitig bündelt sie die verschiedenen Interessen und vertritt sie gegenüber Politik, Öffentlichkeit, Wirtschaft und Wissenschaft. Im Stiftungskuratorium sind sowohl wichtige Bundes- und Landministerien für den Offshore-Wind-Bereich wie auch Betreiber, Hersteller, Übertragungsnetzbetreiber, Zulieferer, Banken und Versicherungen vertreten.

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